Die Berliner Liedermacherin aus Paris
»Ich habe mir die deutsche Sprache von Goethe geliehen, und nehme mir das Recht, sie zu nutzen, weil ich der Welt etwas zu sagen habe. Meinen Akzent und meine Art mit seiner Sprache umzugehen, muss Goethe schon aushalten«, schmunzelt die in Paris geborene und jetzt in Berlin lebende Liedermacherin Amalia Chikh. Für ihr neues Album „Auf dem Weg“ hat sie zwölf Chansons in deutscher Sprache mit einem geradezu zelebrierten französischen Akzent geschrieben, deren Themen sie direkt aus ihrem Alltag im multikulturellen Berliner Kiez Gesundbrunnen holt. Es geht ihr darum, Geschichten aus einem Leben zu erzählen, das es tatsächlich gibt, das echt ist: ihr Leben. »Ich möchte nicht so tun, als wäre ich eine blutjunge Chanteuse, oder die Postkartenerinnerung in Schwarz/Weiß einer Pariserin mit einem Glas Wein im Treppenviertel am Montmartre«, sagt sie. »Ich habe schon etwas erlebt, ich bin Mama, ich sehe die Radikalisierung der Rechtextremisten und des Islams, die Widersprüche eines neuen Männerbilds, die Angst nicht eine perfekte Mama zu sein, den Klimawandel und die Digitalisierung des ganzen Lebens seit der Corona-Zeit. Ich erzähle von meinem Weg, aus der Perspektive des Gesundbrunnenviertels mitten in Berlin durch meinen in Frankreich sozialisierten Blick, und lade dazu ein, ihn zwölf Lieder lang mit mir zu entlangzuschlendern.«
Ihre musikalische Heimat hat Amalia Chikh inmitten französischem Chanson, orientalischer Klangwelt, Blues und Berliner Sprache mit französischem Akzent gefunden. Live ist sie meist solo am Klavier zu erleben, für die Studioaufnahmen mit Maurenbrecher-Produzent Andreas Albrecht, holte sie sich jedoch auch orientalische Percussion, einen Chor, Trompete, Cello und auch ein paar elektronische Effekte ins Arrangement.
»Der Weg ist schön, der Weg ist lang, unser Schiff schwebt auf dem Meer.« (Aus dem Lied „Segeln“.)
Kurze Biografie
Amalia Chikh kam erstmals 1999 als Erasmus-Studentin nach Berlin und blieb nach ihrem Studium schließlich ganz an der Spree. Damals organisierte sie Konzerte in der UFA-Fabrik Tempelhof, arbeitete für das Jugendmusikfestival des Deutsch-Französischen Jugendwerks und als Erzieherin und Musikpädagogin in den deutsch- französischen Kitas und Schulen der Stadt. Aber so ganz zufrieden war sie damit nicht, sinnierte in den illegalen Kneipen der Stadt darüber was ihr fehlte, welchen Weg sie noch einschlagen sollte. Und eigentlich war es eindeutig: nur das Komponieren und Singen von Liedern machte für sie Sinn. Bereits mit fünf Jahren hatte sie mit dem Klavierspielen angefangen, und nichts machte ihr seitdem mehr Spaß als kleine Chansons für Hochzeiten oder Familienfeiern zu schreiben und vorzutragen. Mit 18 spielte sie in Jazz-Bands, schrieb weiterhin Gedichte, ließ sich dann aber von den bürgerlichen Argumenten beeindrucken, die verlautbaren ließen, es gäbe „keine Zukunft“ in ihrer Kunst. Also begann sie ein Studium der Anthropologie und Geschichte in Paris- Nanterre.
In Berlin besann sie sich in ihrem inneren Unglück auf ihre ursprüngliche Leidenschaft, erinnerte sich an die inspirierenden Texte und die Musik des französischen Chanson, mit dem sie aufgewachsen war. Ein ganzes Stück Leben trennte sie nun davon. Jetzt saß sie vor einem Back-Shop in Berlin und bestellte ihr Croissant auf Deutsch. Nie wieder wollte sie etwas anderes machen als auf ihre ganz eigene Art, Lieder zu schreiben. Sie hatte ihren Weg gefunden.
„Lieder, die zum Nachdenken anregen und Musik, die sich nicht an eingefahreneHörgewohnheiten anlehnt, haben mich schon immer begeistert. Amalia Chikhs Chansons gehören fortan dazu.“ (Dieter Kindl, Liederbestenliste)